Gefährliches Herz
Johanna führt kein normales Leben. Sie ist kleptomanisch und nymphomanisch veranlagt und lässt keine Gefühle zu. Lediglich der Polizist Stephan schafft es, einen winzigen Riss in ihrem Schutzwall zu verursachen. Durch den Tod ihrer Mutter ist Johanna gezwungen, in ihr Heimatdorf zurückzukehren. Dort muss sie feststellen, dass ihr eigenes Herz die größte Gefahr für ihren Schutzpanzer darstellt. Ihre Jugendliebe Robert weckt vergessen geglaubte Gefühle. Doch auch Stephan gibt Johanna nicht so schnell auf. Was muss passieren, um Johanna zum Umdenken zu bringen und ihre Verhaltensweisen zu ändern? Welches Geheimnis verbarg ihre Mutter? Und war der Tod ihrer Mutter tatsächlich ein Unfall?
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Leseprobe
„Willst du einen Drink, Süße?“
Magdalenas Blick glitt über seine zerknautschte Kleidung und blieb an dem unrasierten Gesicht des Mannes neben ihr hängen. Selbst das milchige Licht schaffte es nicht, ihn im Geringsten anziehend wirken zu lassen. Wieso glaubte er, sich neben sie an den wackligen Tisch setzen zu dürfen?
„Danke, aber ich verzichte.“ Sie wandte sich ab.
„Angeblich bist du normalerweise nicht so widerspenstig.“
Sie drehte sich wieder zu ihm. „Wie bitte?“
„Na, komm schon.“ Er lachte. „Du bist doch bekannt dafür, dass du auf Action stehst und einem schnellen Abenteuer nicht abgeneigt bist.“
Magdalena fuhr sich durch ihre Haare und blickte sich nach allen Seiten um. In dem kleinen Imbiss erkannte sie kein vertrautes Gesicht. Von einem der Gäste hatte er also nichts erfahren.
„Mir scheint, du verwechselst mich mit jemandem“, murmelte sie und steckte sich den letzten Bissen Käsekrainer in den Mund.
Der Unbekannte stieg nicht auf ihren Einwurf ein. Er würde diese Entscheidung noch bereuen, wenn er nicht bald Ruhe gab.
„Ich bin mir sicher, dich bereits ein paar Mal im Blue Moon gesehen zu haben“, behauptete er mit einem provozierenden Grinsen. Dabei verzog sich sein Gesicht zu einer noch hässlicheren Fratze.
„Bist du mir etwa gefolgt?“ Sie hatte die Bar erst vor einer Viertelstunde verlassen und war für einen Zwischenstopp und einem letzten Happen vor dem Bett in den Imbiss eingefallen.
Er zuckte mit den Schultern. „Wer weiß. Wäre doch nicht schlimm.“
„Was willst du?“ Ihre Stimme zeigte keine Emotion.
„Nichts Besonderes! Nur das, was andere von dir auch erhalten haben.“
Ihre Handflächen wurden feucht. Irgendetwas an diesem Mann jagte ihr einen kalten Schauder über den Rücken. Sie machte nicht den Fehler, ihn zu unterschätzen. „Ich werde jetzt aufstehen und gehen. Und sollten wir uns irgendwann zufällig wieder über den Weg laufen, werden wir so tun, als hätten wir uns noch nie zuvor gesehen.“
Der Mann lachte.
Magdalena winkte den Imbissbesitzer heran, bezahlte und erhob sich. Aufgrund der schmeichelnden Abendluft hatte sie ihre Jacke neben sich gelegt und griff nun danach. Mit energischen Schritten machte sie sich auf den Heimweg.
Nach ein paar Metern drehte sie sich um. Obwohl sie niemanden auf der Straße hinter sich entdeckte, spürte sie Blicke auf sich ruhen. Instinktiv ahnte sie, dass es nicht vorbei war. Gut. Sie konnte ein wenig Abwechslung gebrauchen.
Auf der schlecht ausgeleuchteten und einsamen Straße hallten ihre eiligen Schritte an den Häuserwänden wider. Ihre Kleidung war dazu gedacht, die Blicke der Männer auf sich zu ziehen: ein enges Top, Minirock, Lederjacke. Doch bei der Wahl der Schuhe machte sie niemals den Fehler, sich für ein hohes Paar zu entscheiden, das sie zu einem leichten Opfer erklärte.
Wie lebendig sie sich plötzlich fühlte! Das Adrenalin peitschte durch ihren Körper. Sie genoss dieses Hochgefühl, dieses Kribbeln in ihrem Nacken, als sie ein Geräusch in ihrem Rücken vernahm. Sie konnte den seltsamen Kerl nicht einordnen. Die Chancen standen schlecht, dass hinter seinem absonderlichen Verhalten harmlose Absichten standen. Aber das kam ihr gerade recht.
Neuerlich wandte sie den Kopf, ohne jemanden hinter sich zu sehen. Vielleicht hätte sie die andere Richtung wählen sollen, in der jede Menge andere, die Innenstadt durchwandernde Nachtschwärmer zu finden waren.
Doch wann entschied sie sich schon gegen das Risiko? Sie verzog die Mundwinkel zu einem grimmigen Lächeln und eilte weiter, während ihr Verfolger ebenfalls schneller zu werden schien. Nach ein paar Metern legte sich eine Hand schwer auf ihre Schulter.
„Nicht so schnell, Süße“, raunte die Stimme des Mannes aus dem Imbiss.
Magdalena fuhr herum und funkelte ihn an. „Was soll das? Hast du ein Würstel mit Rinderwahnsinn erwischt?“
Ihr Gegenüber knurrte. „Ich habe Lust auf anderes Fleisch.“ Als er einen Versuch startete, sie zu küssen, roch sie Alkohol in seinem Atem. Leider zu wenig, als dass er seine Pläne nicht in die Tat umsetzen könnte. Mit einem kräftigen Stoß gegen seine Brust wehrte sie den ersten Angriff ab.
Seine Finger krallten sich schmerzhaft in ihre Oberarme. „Du warst doch auf der Suche nach einem Mann. Wieso kann ich nicht derjenige sein?“
„Weil ich nicht auf heruntergekommene, ungepflegte Brutalos stehe“, teilte sie ihm in trockenem Tonfall mit.
Sein Gesichtsausdruck wurde wütend, während er sie gegen die Wand drängte. Sie spürte die raue, kalte Fassade in ihrem Rücken und wusste, dass dieser Mann gefährlicher war als alle Männer, mit denen sie bisher zu tun gehabt hatte.
Noch einmal presste er sich an sie und drückte seinen Mund auf ihren. Der Kuss schmeckte nach einem Gemisch unterschiedlicher Speisen, nach Bier und schlechtem Atem. Angeekelt verzog sie das Gesicht. Sie beschloss, abzuwarten, bevor sie ihm eine Lektion erteilte, nur ein paar Augenblicke noch. Vielleicht merkte er selbst, dass er einen großen Fehler beging. „Lass das“, fauchte sie. „Ich will das nicht.“
„Als würde mich das interessieren!“ Er lachte. Seine linke Hand tatschte an ihren Busen, seine Rechte strich über ihr nacktes Bein, wollte unter ihren Rock wandern.
Er war verdammt schnell. Ihr wurde klar, dass ihr keine Zeit für Spielchen blieb. Dieser Typ war nicht zu kontrollieren. Schade. Es hätte lustig werden können.
Magdalena griff in ihre Handtasche und tastete nach dem Spray. Als die Hand des Kerls an ihrem Slip zerrte, rammte sie ihm ihr Knie in die Eingeweide. Der Mann gab ein grunzendes Geräusch von sich und klappte zusammen, als hätte er plötzlich sein Rückgrat verloren. Aber das war auch vorher nicht sonderlich ausgeprägt gewesen.
„Du willst dich an wehrlosen Frauen vergreifen?“, fragte sie und beugte sich zu ihm hinunter. „Das hast du sicher nicht das erste Mal versucht.“
Er musste nicht antworten. Sie erkannte die Wahrheit in seinen blitzenden Augen.
„Dieses Mal bist du an die Falsche geraten. Ich bin kein Opfer, keine ängstliche Frau. Und es gibt da draußen mehr von meiner Sorte. Jede von uns kann dich fertigmachen. Denk daran, wenn du dir das nächste Mal überlegst, eine Frau zu überfallen. Denk jedes Mal daran, wenn du eine Frau auch nur begierig ansiehst.“ Sie hielt ihm den Pfefferspray vor das Gesicht und sprühte ihm den Reizstoff sekundenlang in die Augen.
Der Mann brüllte vor Schmerz, wusste offensichtlich nicht, ob er zuerst seine Augen oder seine empfindlichen Körperteile vor ihr schützen sollte.
Magdalena versetzte ihm einen letzten Tritt. Hinter dem Schutzwall, den sie um ihre Seele errichtet hatte, fühlte sie sich sicher.
Den restlichen Weg nach Hause legte sie mit wiegendem, beinahe fröhlichem Schritt zurück.
Was für ein Spaß!
[…]
„Gefährliches Herz“
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