Ein Frauenheld, eine Jugendfreundschaft und ein Kuss – Kurzromance
„Im Vorzimmer des Millionärs“ von Bettina Kiraly
Ein Kuss im Fall des Herzensbrechers
Doktor Adam Estermann ist ein Arsch. Nicht nur weil mein Boss Frauen behandelt, als wären sie nichts wert. Die Frauen machen es dem attraktiven Anwalt auch zu leicht. Ich kann ihn aus einem anderen Grund nicht mehr ausstehen. Als Teenager waren wir kurz zusammen. Damals hat er mich kalt abserviert. Das kann ich ihm nicht verzeihen. Ich werde ihm niemals wieder vertrauen. Wie sollte ein Kuss etwas daran ändern?
Emma Süßer war einmal seine beste Freundin. Aber das ist lange her. Adam hätte als Teenager niemals mit ihr zusammenkommen sollen. Diese impulsive Entscheidung hat alles zerstört. Jetzt sitzt sie zwar in seinem Vorzimmer, doch Freundschaft will sie keine mehr. Das muss er akzeptieren. Ihm ist ohnehin nur wichtig, dass sie glücklich wird. Aber warum interessiert es ihn so sehr, mit wem?
Erotisch-romantischer Kurzroman mit 13.000 Wörtern
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Leseprobe
1. Kapitel
Sommer 2017
Doktor Adam Estermann ist ein Arsch. Ich kenne über ein Dutzend Frauen, die das sofort bestätigen. Einige von ihnen würden ihn noch ganz anders nennen. Wie, das behalte ich für mich. Ich verwende eigentlich keine Schimpfwörter, wissen Sie? Sonst komme ich mir wie eine Schauspielerin vor. Ich bevorzuge niveauvolle Beleidigungen. Sollte ich doch mal Dinge wiederholen müssen, die über „feiger Schlappschwanz“ oder „mieser Herzensbrecher“ hinausgehen, mache ich das lieber schriftlich. Sehen Sie? Ich werde sofort rot. Dabei habe ich den „gehirnamputierten Lüstling“ und all die anderen Dinge noch gar nicht erwähnt.
Ja, Nachrichten mit solchen Ausdrücken muss ich an ihn weitergeben. Die Frauen werden auch mir gegenüber am Telefon ausfällig. Dabei empfinde ich eine gewisse Schadenfreude. Er verdient es nicht besser. Schließlich macht Herr Doktor Estermann manchmal auf ganz fiese Art und Weise Schluss. Von SMS, Post-It und Rausschmiss aus der Wohnung nach dem Sex war schon alles mit dabei.
Und wenn die Damen dann mit gebrochenem Herzen und gekränktem Stolz vor ihm stehen, ohne dass er sie mit Worten wieder loswird, kauft er ihnen Schmuck oder schickt sie auf teure Kurzurlaube. Als wäre das keine weitere Demütigung. Von mir bekäme er eine Ohrfeige für dieses Angebot. Manchmal habe ich allerdings das Gefühl, die eine oder andere Eroberung legt es sogar darauf an. Das juckt ihn ohnehin nicht. Dank seines dicken Bankkontos kann er sich alles erlauben.
Sie glauben, ich übertreibe? Sehen Sie die hübsche, junge Frau dort drüben neben dem Lift? Vor drei Tagen ist er das erste Mal mit ihr ausgegangen. Gestern hat er sie in seine Wohnung eingeladen, und dort hat sie ihm wohl nicht widerstehen können. Welche Frau wäre dazu schon in der Lage, wenn er seinen Charme spielen lässt. Doch heute Nachmittag ist sie ihm bereits ein Dorn im Auge. Bemerken Sie seinen Gesichtsausdruck? Er serviert sie offensichtlich gerade ab. Beginnt sein Gegenüber jetzt wirklich zu weinen? Sie wird noch nicht so naiv gewesen sein und sich Liebe von ihm erhofft haben? Wieviel Abweisung in seiner Haltung zu lesen ist. Ich habe wirklich Mitleid mit der armen Frau. Er kann ganz schön grausam sein.
Ich werde Sie nicht über seinen Charakter belügen! So ist er nun mal. Was soll ich über ihn erzählen, um ihn sympathischer zu machen? Ich könnte behaupten, seine Kindheit wäre schrecklich gewesen: vernachlässigt von der Mutter, geschlagen vom Vater und unzählige Male hungrig ins Bett geschickt. Ich könnte aber auch erzählen, wie überfürsorglich seine Eltern waren, sodass er ‑ früher eingesperrt in einen goldenen Käfig ‑ sich einfach nicht mehr einengen lassen will. Hätten Sie dann Verständnis für ihn? Egal. In Wahrheit ist er in einer stinknormalen Familie aufgewachsen.
Woher ich das weiß? Wir sind in der gleichen Nachbarschaft groß geworden. Als wir noch Kinder waren, hat er mir Streiche gespielt, für die ich ihm nicht böse sein konnte, weil er so süß gelächelt hat. Aber das dürfen Sie ihm gegenüber nie erwähnen. Als Teenager waren wir sogar einen Monat zusammen. Dann hat er bemerkt, wie gut er bei allen Frauen ankommt und wollte sich nicht länger auf eine beschränken, die ihm vermutlich auch noch ziemlich langweilig vorgekommen sein muss. Er und ich haben dieses Trennungsdrama also schon durch.
Danach hatte er Erfolg im Beruf. Als Anwalt lässt er sich von großen Firmen gut bezahlen, um sie von Schwierigkeiten fernzuhalten. Sein Vermögen hat er außerdem mit irgendwelchen Börsengeschäften vergrößert. Ich kenne mich bei diesen Sachen nicht aus, aber in der Presse wird behauptet, er könnte aus allem Geld machen. Sogar aus einer Firma für Taschenrechner mit integrierter Zahnbürste. Schon mit zwanzig war er Millionär. Und da er nicht müde wird, sein nicht sonderlich hart verdientes Geld wieder unter die Leute zu bringen, ist er ein begehrtes Fotoobjekt für die Presse. Mitsamt seinen überheblichen Freunden und seinen oberflächlichen Bekanntschaften.
Pst, da kommt er.
„In den nächsten Stunden möchte ich nicht gestört werden, Frau Süßer. Wenn Xaver irgendwelche Neuigkeiten für mich hat, können Sie ihn durchstellen. Für alle anderen bin ich den Rest des Nachmittags außer Haus.“
Nein, es stimmt. Wir kennen uns tatsächlich schon seit unserer Kindheit. Wir siezen uns nur in der Gegenwart von anderen Menschen. Das ist Adam lieber.
„Natürlich, Doktor Estermann.“
„Sobald Sie die Feder-Seefeld-Unterlagen fertig haben, legen Sie sie mir zur Prüfung vor. Die sollten heute noch zur Post. Danach können Sie Schluss machen. Bei mir wird es heute bestimmt spät.“
Ich nicke. Obwohl vor wenigen Augenblicken eine Frau wegen ihm geweint hat, ist er jetzt total sachlich. Kalt wie Eis. Dieser Mann scheint kein Herz zu besitzen. Ob er auch nur einen Gedanken an die unglückliche Frau verschwendet?
„Ach, und stornieren Sie die Tischreservierung im Servantes für heute Abend. Das hat sich gerade erledigt.“
Gott sei Dank eigentlich. Ich fand die Erscheinung seines Dates überirdisch perfekt. Gruselig. Sie hat sowieso nicht zu ihm gepasst. Weshalb entscheidet bei ihm nie der Kopf, wenn er auf die Jagd nach einer Frau geht? „Selbstverständlich. Möchten Sie jetzt einen Kaffee oder benötigen Sie noch irgendetwas?“
Er schüttelt den Kopf. Sein blauer, eindringlicher Blick droht mich zu durchbohren. „Nein, kein Kaffee mehr für mich heute. Aber danke für die Nachfrage.“ Damit wendet er sich um und schließt sich in seinem Büro ein.
Täuschen Sie sich nicht. Mit der Korrespondenz habe ich erst mal genug zu tun. Zwei Kassetten mit Schriftsätzen müssen auch noch abgetippt werden. Sie werden mir eine Gelegenheit geben, für die Unterschriften sein Büro zu betreten. Trotzdem mag ich diese Nachmittage nicht, an denen er meine Hilfe nicht braucht. Ich fühle mich dann so … so nutzlos.
Nein, interpretieren Sie da nichts hinein. Ich bin lediglich nicht gerne unterfordert. Das hat gar nichts damit zu tun, dass ich gerne in seiner Nähe bin. Ich arbeite einfach gut mit ihm zusammen. Und damit muss ich jetzt auch beginnen.
Als das Telefon auf meinem Schreibtisch zwei Stunden später klingelt, zucke ich zusammen. Nur noch eine Minute Band, dann wäre ich fertig. Seufzend hebe ich ab. „Guten Tag. Büro von Doktor Estermann. Sie sprechen mit Frau Süßer. Was kann ich für Sie tun?“
„Ich habe es!“ Die Stimme von Xaver, unseres Konzipienten, klingt aufgeregt. Die Verbindung ist nicht besonders gut, weil er sich den Geräuschen im Hintergrund nach zu schließen in der U-Bahn befindet, aber mein Herz beginnt schneller zu schlagen. „Sagen Sie ihm, ich habe eine Möglichkeit gefunden, diesen Vertrag anzufechten. Stellen Sie mich zu ihm durch, und fordern Sie dann bitte folgende Akte an.“ Er gibt mir die Aktenzahl durch.
„Bleiben Sie dran. Ich verbinde Sie.“ Nach dem Drücken der entsprechenden Tasten warte ich, bis Adam abhebt.
„Ja?“, fragt er kurz angebunden.
„Xaver hat anscheinend einen Fall gefunden, der uns bei unserem Problem helfen könnte. Die entsprechende Akte reiche ich gleich nach.“
„Danke, Emma.“
Wenn er meinen Vornamen benutzt, muss er mehr als erfreut sein. Ich stelle Xaver durch und drucke dann die Unterlagen der Akte aus. Als ich damit in Adams Büro gehe, hat er das Gespräch mit Xaver bereits beendet. Er kommt mir mit ungeduldigem, angespanntem Gesichtsausdruck entgegen.
„Hier ist die gesamte Fallakte“, bringe ich hervor.
Adam reißt mir das Papier beinahe aus den Händen. Schnell blättert er die Anträge durch, lässt die Blätter auf den Boden fallen, die nicht die gesuchte Information erhalten.
Unschlüssig bleibe ich stehen. Soll ich ihn alleine lassen? Braucht er noch etwas?
„Ha!“ Er sieht hoch. Endlich ist die Falte auf seiner Stirn verschwunden. „Xaver hat Recht. Damit boxen wir unseren Klienten aus dem Vertrag. Wenn Xaver jetzt hier wäre, würde ich ihn küssen.“
Ich lache leise auf, doch das Lachen vergeht mir sofort. Adam lässt das letzte Blatt fallen, umfasst mein Gesicht mit beiden Händen und beugt sich vor. Und dann … dann pressen sich seine Lippen auf meine.
[…]
„Im Vorzimmer des Millionärs“
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