Für wen ich schreibe – Brief an dich, meinen Leser

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Ich habe mir geschworen, als Autor niemals Jammerposts zu schreiben. Mein Vorsatz ist, dich niemals mit „Warum liest mich niemand?“ oder „Warum kommentiert niemand?“-Beiträgen zu belästigen. Klar bin auch ich mal schlecht drauf und freue mich dann über Zuspruch. Danach fragen werde ich allerdings nicht. Meist sind diese Phasen des Zweifelns und Grübelns auch schnell überstanden. Ich packe die Herausforderung lieber an, als über das zu klagen, was außerhalb meiner Einflussmöglichkeit scheint.

Im Augenblick fällt es mir allerdings immer schwerer, meine Unsicherheit abzulegen. Ich frage mich unablässig, ob ich gut genug bin, ob ich etwas falsch mache. Deshalb ist es an der Zeit, für mich selbst festzulegen, für wen ich eigentlich schreibe.

 

Begonnen hat alles mit der Idee einer Geschichte, die MIR gefällt. Ich wollte nicht in erster Linie ein Buch schreiben, das andere lesen. Ich wollte erzählen, was meine Helden erleben könnten, wenn die Entscheidung ganz allein bei mir liegt. Es sollte ein Roman werden, der mir Freude bereitet. Damals nutzte ich die Möglichkeit, meine Geschichte zu veröffentlichen und mich damit auch anderen Lesern zu stellen. Dass nicht allen gefallen würde, wie ich meine Protagonisten gestalte, war mir bewusst. Aber in erster Linie ging es darum, erst einmal ein paar Menschen zu erreichen.

Natürlich kam ich irgendwann an den Punkt, an dem ich mehr wollte. Als Autor erfolgreich sein. Das war mein neues Ziel. Ich bin dazu übergegangen, beim Schreiben der Bücher zu überlegen, was der Markt gerne liest, was die Leser da draußen von mir erwarten, was sie sich wünschen. Es sind immer noch die Ideen, die aus meinem Kopf wollen, die lebendig werden sollen, die mir so wichtig sind, dass ich sie zu Papier bringen möchte. Aber bei jeder Geschichte frage ich mich inzwischen, was DU dir von dem Buch erwartest.

Du, der Leser.

Und damit erklären sich meine Zweifel. Es gibt ihn nicht. DEN Leser. Da draußen sind viele, die gezielt nach einem Buch von mir suchen oder zufällig darauf stoßen. Ich kenne dich nicht, deine Hoffnungen, deine Träume, deine Erwartungen. Es kann nicht überraschen, dass ich manchmal nicht deinen Geschmack treffe. Ich weiß nicht, welche Erfahrungen zu in deinem Leben gemacht hast, wie du die Welt siehst. Und selbst wenn ich mit viel Glück deinen Geschmack treffe, sieht er morgen vielleicht schon etwas anders aus. Ich bemühe mich wirklich, dir in deiner Vielfalt gerecht zu werden, aber immer öfter habe ich das Gefühl, dass ich mich dabei selbst aufreibe.

Ich bin dankbar für jede einzelne Rezension. Und das wird immer so sein. Egal ob positiv oder negativ. Ich habe den Anspruch, daraus zu lernen. Das ist mein ehrlicher Plan gewesen. Aber ich habe gemerkt, dass sich der Tonfall in den Buchbesprechungen geändert hat. Sie werden persönlicher, direkter, hinterfragen grundlegende Punkte. Damit fällt es mir schwerer zu entscheiden, was ich in meinen Romanen ändern muss, damit sie dir gefallen.

Als Autor möchte ich von meiner Arbeit leben können. Ich versuche also wirklich, meine Sache gut zu machen. Trotzdem lest ihr meine Fantasien, mein Herzblut, die Geschichten, die meine Sicht auf die Welt darstellen. Wenn ich deine Wünsche die Handlung und die Charaktere betreffend nicht kenne, muss ich meine Bücher doch wenigstens so schreiben, dass ich davon überzeugt bin.

Darum hat die Frage, für wen ich schreibe, auch zwei Antworten: Für dich, lieber Leser, aber auch für mich. Ich sitze vor dem Computer und entscheide, ob eine Geschichte lange oder kurz werden soll. Ich darf mir aussuchen, ob ich den Ausgang der Handlung offen lasse oder bis ins Detail erzähle, wie die Zukunft einer Protagonisten aussieht. Ich trage die Verantwortung, welche Art von Buch ich schreibe, wie weit ich dabei gehe, wo ich ausblende. Bevor die Helden der Romane nämlich zu deinen Freunden werden, gehören sie mir. Sie sagen mir genau, wie sie sich sehen, was sie gerne erleben und was sie lernen wollen. Ihnen muss ich in erster Linie gerecht werden. Ich entlasse sie gerne in die Welt hinaus. Und ich kann nur hoffen, dass du sie mit all ihren Fehlern und Schwächen akzeptierst.

Autor bin ich, weil es sich beim Schreiben um meine Berufung handelt. Danke für alles, lieber Leser. Ohne dich würde es mir nicht möglich sein, Schreiben als meinen Beruf auszuüben.

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